Der ultimative Härtetest

Der ultimative Härtetest

Unsere Umwelt befindet sich im Wandel – E³ heißt die Reaktion von Plasser & Theurer darauf. Die innovative Technologie des HTW 100 E³ wurde nun im Klima-Wind-Kanal auf Herz und Nieren geprüft.

Es ist ein fiktives Szenario, das uns die Natur gottlob erspart: An einem Tag herrschen noch angenehme +20 °C wie im Spätsommer. Nachts folgt der dramatische Temperatursturz. Plötzlich hat es nur mehr -5 °C, danach sogar polare -30 °C. Weitere 24 Stunden später bleiben Wintermantel, Haube und Handschuhe im Schrank. Von Sibirien geht’s, um es bildlich zu formulieren, ohne Umschweife in die Wüste. Es herrschen +50 °C. Für jede Maschine der ultimative Härtetest.

Diesen bestand der revolutionäre Technologieträger von Plasser & Theurer, der HTW 100 E³, im Klima-Wind-Kanal von Rail Tec Arsenal (RTA) mit Bravour. „Es gab zwei Gründe für den Klimatest: Einerseits sollte die neue Akkutechnik überprüft werden. Andererseits wollten wir die theoretischen Werte unserer Zulieferer untersuchen“, sagt Ing. Christian Weitersberger, zuständiger Konstruktionsleiter bei Plasser & Theurer.

Herzstück des HTW 100 E³ ist das innovative Batteriesystem. Es ermöglicht vollelektrisches Arbeiten auf der Baustelle, das emissionsfrei und leise abläuft. Speziell im urbanen Gebiet oder in Tunneln ist das von unschätzbarem Wert. Die Kapazität der Akkus reicht für zwei Schichten à sechs Stunden. Entscheidend für die Lebensdauer ist die Betriebstemperatur.

Jeder kennt wohl den Moment, wenn man im Winterurlaub einen Blick auf das Handy werfen möchte und der Bildschirm schwarz bleibt. Dabei hatte man nur Minuten zuvor gedacht, der Akku sei ausreichend geladen. Ein Alltagsproblem. Plasser & Theurer steht seit 1953 für Zuverlässigkeit, Effizienz und Pioniergeist. In Zusammenarbeit mit Kreisel Electric, einem Spezialisten im Bereich E-Mobility, wurde so für den HTW 100 E³ ein ausgeklügeltes Thermomanagement geschaffen.

Das Geheimnis hinter dem Thermomanagement

Zwischen -20 °C und +40 °C Zellentemperatur ist die Energieversorgung aus den Akkus gewährleistet, die optimale Betriebstemperatur liegt zwischen +25 °C und +35 °C. Siegfried Anschuber, Software-Entwickler bei Kreisel Electric, erklärt die Methodik: „In den neun Batterien befinden sich über 200 Sensoren, die unentwegt die Temperatur messen.   

Über das Thermomanagement hält man die Akkus durch Wärmen oder Kühlen im Betriebsfenster. Dadurch sind wir fast komplett unabhängig von den äußeren Umständen. Und: Stellt man eine Maschine bei -20 °C ab, heizt man die Batterie am nächsten Tag über die Wärmepumpe einfach auf.“ Im Klima-Wind-Kanal wurden diese Grenzbereiche simuliert, zahlreiche Funktionalitäten an und in dem Fahrzeug überprüft.

Von der Scheibenheizung bis zur Kabinentür – jede kleine Veränderung von Temperatur und Luftfeuchtigkeit, jede Leistungs- und Druckkurve zeichnete der Computer live über eigens dafür installierte Messsensoren auf. Ja, selbst Schnee fiel und die Sonne schien im 21. Wiener Gemeindebezirk auf Knopfdruck.

„RTA – als Betreiber des Klima-Wind-Kanals Wien – bietet die Möglichkeit, Wettereinflüsse auf Maschine und Komponenten unter realistischen Bedingungen zu untersuchen. Hier können diverse Temperaturen sowie Niederschlagsformen erzeugt, Fahrtgeschwindigkeit über die Windgeschwindigkeit simuliert werden“, so Andreas Rosenkranz, Project Manager von RTA. Die Anlage sei für Schienenfahrzeuge konzipiert. „Am Rollenprüfstand können die Testobjekte auch tatsächlich betrieben werden.“

„Die Maschine muss von null auf 100 funktionieren“

Dass man mit Heizmatten und Befeuchtern zudem die Wärme- und Feuchtigkeitsabgabe von Menschen in der Kabine reproduzierte, offenbart die Detailtreue. Grundsätzlich, betont Weitersberger, sei der HTW 100 E³ zwar für extreme Bedingungen gebaut. Doch: „Bei Oberleitungsmaschinen ist es nicht ungewöhnlich, dass sie zwei, drei Wochen nicht im Einsatz sind und im Freien bei Minustemperaturen stehen. Wenn ein Problem an der Oberleitung auftaucht, muss die Maschine von null auf 100 funktionieren.“

Wichtig sei deshalb gewesen, konkrete Rückschlüsse zu sammeln. Etwa wie lange die Vorwärmphase bei -30 °C durch ein dieselbetriebenes Heizgerät dauert. Welche Energieleistung erforderlich ist, bis die einzelnen Komponenten ihre Leistung entfalten können. Insgesamt wurden dafür im Vorfeld über 20 Sensoren am HTW 100 E³ verbaut. Drei Tage dauerte die Vorbereitung, vier Tage das Durchspielen der zuvor festgelegten Szenarien.

„Durch die unterschiedlichen Temperaturen konnten wir feststellen, ob sich in den Elektrokästen irgendwo Kondensat bildet“, sagt Weitersberger: „Ziel ist es, unseren Kunden künftig noch praxisgerechtere Daten für den Betrieb zu liefern. Wir werden die Ergebnisse in unsere Dokumentation einarbeiten.“ Denn: Auch wenn uns die Natur von Unterschieden bis zu 80 °C verschont, arbeitet der HTW 100 E³ in Extremsituationen. Den ultimativen Härtetest hat er bestanden.